In keinem Zeitalter wie diesem wird so sehr nach Unabhängigkeit gestrebt: in Mobilität, finanziell, politisch und sogar in Beziehungen. Was treibt uns dazu? Vorteile, Zeitersparnis, Selbstverwirklichung, Egoismus? Die Motive sind vielfältig. Der Konform unseres Jahrhunderts lullt in eine irreale Blase der Unabhängigkeit. Geht man dem Leben etwas auf den Grund, entdeckt man sofort das Gegenteil.
Ohne Essen überlebt der Mensch höchstens 6 Wochen, ohne Wasser 3 bis 6 Tage. Ohne Luft schaffen wir’s gerade mal 5 Minuten. Wir frieren – müssen uns kleiden. Wir werden müde und müssen schlafen. Unser Leben hängt an einem Faden. Der Entzug von Nächstenliebe, Annahme und Kommunikation schlägt ebenfalls aufs Lebensniveau.
Geboren und herangewachsen sind wir in totaler Abhängigkeit, und viele werden ihren Lebenslauf auch so beenden. Die Flucht aus einer Abhängigkeit treibt oft in eine andere, meistens in eine tödliche.
Welche Abhängigkeit nützt und welche schadet, zeigt sich schnell einmal. Dasselbe gilt für Unabhängigkeit. Klar, die Grundbedürfnisse entsprechen nicht gleich den gesellschaftlichen. Aber sie beeinflussen sich gegenseitig.
Der Glaube an die eigene Unabhängigkeit macht blind, gleichgültig und am Schluss noch dumm. Er ist gefährlich, täuscht vor und lässt in falscher Sicherheit schwelgen. Solange, bis die Blase platzt.